Hörgeschichte am Mönchsweg: Sieben Zentimeter Wunderkraft
Zusammen mit dem Missionar Vicelin und seinem Schüler Bruno von Faldera mehr über den Sehnsuchtsort in Kirchnüchel erfahren
Transkript
Wir Menschen im Mittelalter sehnten uns nach heiligen Orten. Orten mit Heilkraft, Orten, an denen wir Erlösung erhofften, Orten, an denen der Himmel die Erde berührte. Wir empfanden unser Leben hier auf Erden als irdisches Jammertal. Machtlos fühlten wir uns gegenüber den Mächten von Krankheit und Leiden, immer ausgeliefert der Versuchung.
Die Kunde von heiligen Orten zog damals die Menschen magisch an. Egal wie lange und beschwerlich eine solche Reise dahin war, für manchen Kranken war dies die letzte Hoffnung. Die medizinischen Fähigkeiten waren dürftig und entsprechend schnell ausgeschöpft.
Eine Wasserquelle bei Kirchnüchel, damals Wendischnüchel, war solch ein Sehnsuchtsort. Schon unter den Slawen sprach man diesem Quell heilende Kräfte zu. Die Christen deuteten die Wunderkraft mit dem Wohlwollen der Gottesmutter Maria. Aus allen Himmelsrichtungen machten sie sich auf den Weg ins nördliche Holstein. Im 13. Jahrhundert bauten sie dort eine Wallfahrtskirche, einen Ort für ihre Gebete, Bitten und Klagen - für ihre Hoffnungen. Eine Marienkirche, um die Gottesmutter zu verehren und sie um Hilfe anzurufen.
Etwa hundert Jahre später steigerte eine winzige Marienfigur in der Kirche den Glauben an die Wunderkraft des Ortes. Nur sieben Zentimeter groß und aus Elfenbein geschnitzt lockte sie noch mehr Wallfahrende nach Kirchnüchel.
Heute ist die höchstgelegene Kirche Schleswig-Holsteins eine evangelische Kirche. Die kleine Marienfigur macht noch immer staunen.